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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2001 74)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2001 74: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat in einem Fall von 2001 entschieden, dass vergabefremde Kriterien, die nicht die Wirtschaftlichkeit des Angebots betreffen, in der Ausschreibung ausdrücklich genannt werden müssen. Eine Firma hat gegen die Berücksichtigung der Lehrlingsausbildung als Zuschlagskriterium bei einer Submission Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass Lehrlinge nicht als Schlüsselpersonal betrachtet werden können. Das Gericht stellte fest, dass die Lehrlingsausbildung als vergabefremdes Kriterium ausdrücklich erwähnt werden muss, um transparent zu sein. Die Bewertung eines nicht publizierten Subkriteriums wurde als unzulässig erachtet.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2001 74

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2001 74
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2001 74 vom 09.08.2001 (AG)
Datum:09.08.2001
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE 2001 74 S.342 2001 Verwaltungsgericht 342 [...] 74 Zuschlagskriterien, Subkriterien, vergabefremde Kriterien. - Lehrlingsausbildung...
Schlagwörter: Zuschlag; Zuschlags; Verga; Zuschlagskrite; Vergabe; Ausschreibung; Lehrlinge; Schlüs; Zuschlagskriterien; Schlüssel; Bewer; Lehrlingsaus; Zuschlagskriterium; SubmD; Submis; Kriterien; Submission; Bewertung; Vergabestelle; Lehrlingsausbil; Qualifi; Lehrlingsausbildung; Qualifikation; Kriterium; Ausschreibungs; Gewicht; Schlüsselpersonal; Gewichtung; ücksichtigt
Rechtsnorm: Art. 100 BV ;Art. 6 ArG ;Art. 74 BV ;Art. 8 BV ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2001 74

2001 Verwaltungsgericht 342

[...]

74 Zuschlagskriterien, Subkriterien, vergabefremde Kriterien. - Lehrlingsausbildung als vergabefremdes Zuschlagskriterium (Erw. 1/c/bb/aaa). - Subkriterien müssen sich publizierten Zuschlagskriterien zuordnen lassen, andernfalls liegt eine unzulässige Ausweitung vor, die vor dem Grundsatz der Transparenz des Vergabeverfahrens nicht zu bestehen vermag (Erw. 1/c/bb/bbb). - Da sich vergabefremde Kriterien ihrer Natur nach den die Wirt- schaftlichkeit eines Angebots betreffenden Vergabekriterien nicht zu-
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ordnen lassen, ist es unter Berücksichtigung des Transparenzgebots zwingend erforderlich, dass die vergabefremden Aspekte in der Aus- schreibung ausdrücklich erwähnt werden (Erw. 1/c/bb/ddd).
Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3.Kammer, vom 9. August 2001 in Sachen Z. AG gegen die Verfügung des Stadtrats L.
Aus den Erwägungen

1. b) aa) Die vorliegende Submission wurde als offenes Verfah ren ausgeschrieben. In der öffentlichen Ausschreibung wurden als für die Vergabe massgebende Zuschlagskriterien angeführt:
,,Qualität 40 %
Preis 30 %
Qualifikation Schlüsselpersonal 30 %"
(...) c) aa) Die Beschwerdeführerin rügt vorab ,,die rechtswidrige und willkürliche Berücksichtigung der Lehrlinge". Sie macht gel tend, dass unter der Rubrik ,,Qualifikation Schlüsselpersonal" entge gen der Ausschreibung nicht nur die effektive Qualifikation des Schlüsselpersonals, der Bauführer und Vorarbeiter, sondern quasi als Unterkriterium auch die Ausbildung der Lehrlinge einbezogen wor den sei. Dies sei mit einer Gewichtung von 30 % der insgesamt 30 % des Zuschlagskriteriums ,,Schlüsselpersonal" erfolgt, was immerhin 9 % der Gesamtgewichtung ausmache. Allein schon von der wörtli chen Auslegung her könnten Lehrlinge nicht als Schlüsselpersonal bezeichnet werden, weshalb in § 18 Abs. 2 letzter Satz SubmD fest gehalten werde, dass bei Geltung dieses Zuschlagskriteriums dieses ausdrücklich mit seiner Gewichtung öffentlich auszuschreiben sei. Weil dies im vorliegenden Verfahren nicht geschehen sei, dürfe die ses Kriterium bei der Bewertung nicht berücksichtigt werden. Die Vergabestelle hält diesem Vorhalt entgegen, dass unter Po sition 1.3 in den Vorbemerkungen zu den Ausschreibungsunterlagen im Blatt ,,Ergänzende Angaben zur Bewertung der Zuschlagskrite-
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rien (vom Unternehmer auszufüllen)" folgende Angaben verlangt worden seien:
,,- Welche Schlüsselpersonen mit welcher Qualifikation gedenken Sie bei vorliegenden Projekt einzusetzen? - Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie in Ihrem Betrieb? - Wie viele davon sind Lehrlinge?" Deshalb sei für die Offerenten ersichtlich gewesen, dass unter Pos. 1.3 ein ,,Unterkriterium" Lehrlinge berücksichtigt werde. § 18 Abs. 2 SubmD zeige auf, dass die Ausbildung von Lehrlingen als Kriterium berücksichtigt werden könne; ein eigenständiges Kriterium werde dafür demgegenüber nicht gefordert, weshalb die Bewertung in einem Unterkriterium erfolgen könne. Mit der Ausbildung von Lehrlingen würden die Unternehmer wichtige Voraussetzungen schaffen, damit auch in den Randregionen in Zukunft gutes Personal rekrutiert werden könne. In diesem Sinne gehöre die Lehrlingsaus bildung zum Schlüssel eines guten Berufsstandes. Aufgrund der Tat sache, dass die Beschwerdeführerin bei 255 Angestellten lediglich 2 Lehrlinge ausbilde, die Beschwerdegegnerinnen bei 330 Ange stellten jedoch deren 22, wovon 14 in L., ergebe sich bei der Bewer tung die ausgewiesene Punktedifferenz. Die Beschwerdegegnerinnen führen aus, dass die Subkriterien, ihre Reihenfolge und Gewichtung in den Ausschreibungsunterlagen nicht aufgeführt werden müssten. Die Anbietenden dürften aber da rauf vertrauen, dass die Vergabestelle die ausgewählten Zuschlags kriterien im herkömmlichen Sinne verstehe. Werde davon abgewi chen, so reiche es aus, wenn in den Ausschreibungsunterlagen eine entsprechende Präzisierung erfolge. Diesen Vorgaben sei die Verga bestelle nachgekommen. bb) aaa) Vergabefremde Kriterien, d.h. Eignungskriterien, die nicht die leistungsbezogene Eignung des Anbieters betreffen, bzw. Zuschlagskriterien, die nicht die Wirtschaftlichkeit des Angebots beschlagen, dürfen grundsätzlich beim Entscheid über die Eignung den Zuschlag nicht berücksichtigt werden. Als Ausnahmen vor behalten bleiben indessen vergabefremde Kriterien, die nach Mass gabe des anwendbaren Vergaberechts berücksichtigt werden müssen dürfen (Peter Gauch/Hubert Stöckli, Vergabethesen 1999, The-
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sen zum neuen Vergaberecht des Bundes, Freiburg 1999, S. 28). Der artige Kriterien finden sich namentlich in § 3 SubmD (Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen, Gleichbe handlung von Mann und Frau hinsichtlich Lohn, Einhaltung der Um weltschutzvorschriften). § 10 SubmD sieht vor, dass im Rahmen einer Präqualifikation jungen sonst neu im Markt Auftretenden eine angemessene, niemanden diskriminierende Chance einzuräumen ist. Gemäss § 18 Abs. 2 SubmD kann ,,als Kriterium (...) auch die Ausbildung von Lehrlingen berücksichtigt werden". Das Submis sionsdekret erklärt somit die an sich vergabefremde Lehrlingsaus bildung ausdrücklich zu einem zulässigen Zuschlagskriterium. Ob diese Regelung vor dem übergeordneten - hier allerdings nicht zur Anwendung gelangenden - Recht (GATT/WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15. April 1994; Inter kantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 25. November 1994) standhält, erscheint fraglich (vgl. Baurecht 2000, S. 59, Anmerkung Stöckli zu S. 17-18), muss im vorliegenden Fall aber nicht entschieden werden. Immerhin ist den einschlägigen Materialien zu entnehmen, dass die Lehrlingsausbildung auch nach dem Willen des Aargauischen Dekretgebers für die Vergabe nur dann eine Rolle spielen soll, wenn sich bei der Zuschlagserteilung bezüglich der übrigen Kriterien gleichwertige Angebote gegenüber stehen. Der Lehrlingsausbildung darf mit anderen Worten innerhalb des für massgebend erklärten Kriterienkatalogs lediglich eine unter geordnete Bedeutung zukommen (AGVE 1999, S. 298 f. mit Hin weisen). Letztlich geht es wie bei § 3 SubmD darum, Unternehmen, die Verfassungs- und Gesetzesvorgaben und -ziele (Art. 110 Abs. 1 lit. a BV i.V.m. Art. 6 ArG, Art. 8 Abs. 3 BV, Art. 74 BV, Art. 100 Abs. 1 BV i.V.m. Art. 1 des Bundesbeschluss über Massnahmen zur Verbesserung des Lehrstellenangebotes und zur Entwicklung der Berufsbildung [Lehrstellenbeschluss II] vom 18. Juni 1999 [Stand am 21. Dezember 1999]) einhalten und damit tendenziell höhere All gemeinkosten auf sich nehmen, bei der Vergabe nicht zu benachtei-
ligen. Das Submissionsrecht steht innerhalb der Gesamtrechtsord nung; es geht nicht an, mittels einer auf den Preis fixierten Ausle gung der Vergabekriterien andere legitime Ausrichtungen der
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Rechtsordnung zu desavouieren. Klar bleibt dabei immer, dass das in § 18 Abs. 2 Satz 2 SubmD als zulässig bezeichnete Zuschlags kriterium der Lehrlingsausbildung nicht dazu dienen darf, verdeckte Diskriminierungen zu ermöglichen; solange ihm von der Gewichtung her lediglich eine geringe Bedeutung zukommt, lässt sich diese Ge fahr durchaus in Grenzen halten (vgl. zum Ganzen auch Bernt Elsener, Vergaberecht, Wien 1999, S. 30 f.). bbb) Anlässlich der Teilrevision des Submissionsdekrets vom 18. Januar 2000 wurde u.a. auch § 18 Abs. 3 SubmD geändert. Ge mäss der revidierten Fassung sind die ausgewählten Zuschlagskrite rien nun neu ,,in der Reihenfolge ihrer Bedeutung und mit ihrer Ge wichtung in der Ausschreibung aufzuführen". Die Vergabestelle ist aber weiterhin aufgrund des Dekrets grundsätzlich nicht verpflichtet, zum Voraus bekannt zu geben, wie sie die Zuschlagskriterien im Einzelnen zu bewerten gedenkt; die nachträgliche Unterteilung der Zuschlagskriterien in Sub- Teilkriterien stellt wie eine Beurtei lungsmatrix lediglich ein Hilfsmittel für eine differenzierte Bewer tung dar. Die einzelnen Subkriterien müssen sich allerdings einem in der Ausschreibung ausdrücklich aufgeführten Zuschlagskriterium zuordnen lassen bzw. davon mitumfasst werden; es dürfen hierbei nicht etwa neue Zuschlagskriterien geschaffen herangezogen werden (VGE III/71 vom 28. Mai 1999 in Sachen K.+P. [BE.98.00383], S. 12). Weiter dürfen die Anbieter darauf vertrauen, dass die Vergabestelle die üblichen Zuschlagskriterien - wie sie auch in § 18 Abs. 2 SubmD genannt sind - im herkömmlichen Sinn ver steht; andernfalls müssen sie in den Ausschreibungsunterlagen ent sprechend (möglichst detailliert) umschrieben werden, damit die Anbieter erkennen können, welchen Anforderungen sie bzw. ihre Angebote genügen müssen (AGVE 1998, S. 393 f.). Das Subkriterium Lehrlingsausbildung kann im herkömmlichen Sprachgebrauch klarerweise nicht unter das Zuschlagskriterium ,,Qualifikation des Schlüsselpersonals" subsumiert werden. Unter diesem Kriterium ist vielmehr die Bewertung der Qualifikationen der für das Gelingen der Auftragserledigung verantwortlichen zu mindest relevanten Personen (z.B. Bauführer, Poliere) zu erwarten. Im vorliegenden Zusammenhang fehl am Platz sind die Argumenta-
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tionen der Beschwerdegegnerinnen, wonach ,,die Lehrlingsausbil dung als ,Schlüssel` für die gesunde Fortentwicklung des Gewerbes" betrachtet werden könne, und der Vergabestelle, wonach die Lehr lingsausbildung ,,zum Schlüssel eines guten Berufsstandes" gehöre. Beide Äusserungen mögen in der Sache ohne weiteres zutreffen, ändern indessen nichts daran, dass die Lehrlinge nach dem üblichen und damit massgebenden Verständnis gerade nicht zum Schlüssel personal gehören. Zumindest die Beschwerdegegnerinnen räumen denn auch ein, dass die Vergabestelle (beabsichtigterweise) von der (semantisch-systematischen) Logik abgewichen sei. ccc) Scheitert nun aber die Zuordnung des an sich zulässigen Subkriteriums unter die publizierten Zuschlagskriterien, so führt diese Diskrepanz zu einer unzulässigen Ausweitung, welche vor dem Grundsatz der Transparenz des Vergabeverfahrens nicht zu bestehen vermag. Zwar hat die Vergabestelle in dem zu den Ausschreibungs unterlagen gehörenden Beiblatt ,,Ergänzende Angaben zur Bewer tung der Zuschlagskriterien" unter der Rubrik ,,Qualifikation Schlüs selpersonal" tatsächlich auch die Frage nach der Anzahl beschäftigter Lehrlinge aufgeworfen, doch musste deswegen die Beschwerdefüh rerin nicht damit rechnen, dass die Lehrlingsausbildung als Zu schlagskriterium und mit einem Gewicht von beinahe 10 % in die Gesamtbeurteilung Eingang finden würde. Dass die Beschwerdefüh rerin trotz diesen ergänzenden Angaben bzw. Fragen ,,zur Bewertung der Zuschlagskriterien" auf die Gewichtung und Bedeutung gemäss der öffentlichen Ausschreibung vertrauen durfte (Erw. b/aa hievor), zeigt sich auch darin, dass dem erwähnten Fragenkatalog noch wei tere Ausweitungen zu entnehmen sind, welche aber - soweit ersicht lich - keinen Eingang in die Bewertung gefunden haben. So wurde bezogen auf das Kriterium Preis die Frage danach gestellt, wie oft die Anbieter in den letzten 24 Monaten mit der Gemeinde L. zusam mengearbeitet haben. Die entsprechenden Antworten wurden in der Folge richtigerweise nicht in die Bewertung miteinbezogen, die Be schwerdegegnerinnen ihrerseits haben diese Frage nicht einmal be antwortet. Weiter bleibt noch zu vermerken, dass der sachliche Zu sammenhang des Zuschlagskriteriums ,,Preis" mit den in dieser Rubrik gestellten Fragen nach Referenzobjekten und Zusammen-
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arbeit mit der Gemeinde L. schlicht nicht nachvollziehbar ist. Um entsprechende Subkriterien kann es sich dabei jedenfalls nicht han deln. Auch die insgesamt wenig logische Struktur des die ergänzen den Angaben betreffenden Beiblatts spricht daher nicht für die Ar gumentation von Vergabestelle und Beschwerdegegnerinnen, die Beschwerdeführerin hätte aufgrund der Ausschreibungsunterlagen erkennen müssen, dass die Anzahl Lehrlinge (in Bezug auf die An zahl Mitarbeiter) ein zuschlagsrelevantes Subkriterium gewesen sei. ddd) Als unzulässig erweist sich die Bewertung eines sich nicht einem publizierten Zuschlagskriterium zuzuordnenden Subkriteriums (Erw. bbb hievor). Weil es nun aber gerade in der Natur von vergabe fremden Kriterien liegt, dass sich diese den die Wirtschaftlichkeit des Angebots betreffenden Vergabekriterien nicht zuordnen lassen, er fordert das jedem Submissionsverfahren zu Grunde liegende Trans parenzgebot zwingend eine ausdrückliche Erwähnung solcher (zuläs siger) vergabefremder Aspekte in der Ausschreibung. Hätte die Ver gabestelle - aus nachvollziehbaren und verständlichen Gründen - die Lehrlingsausbildung im Rahmen dieser Submission mitbewerten wollen, so hätte sie diese daher als Zuschlagskriterium mit der ent sprechenden Gewichtung zumindest als klar als solches erkenn bares Subkriterium, z.B. eines weiter gefassten Kriteriums ,,Qualifi kation des Anbieters", in der öffentlichen Ausschreibung selbst aber spätestens in den Ausschreibungsunterlagen anführen müssen.
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